Premiere im HDGI: Betriebswirtschaftliches Forum für Gießereien
Unternehmenserfolg misst sich nicht nur in Tonnage
Bestehende hohe Kapazitäten werden nicht ausgelastet, das Gespenst der Deindustrialisierung steht im Raum. Was Gießereien abseits der Produktion tun können, um dennoch betriebswirtschaftlich zu bestehen, darüber informierte der BDG am 22. Februar.
Die Teilnehmerzahl des ersten betriebswirtschaftlichen Forums des BDG war auf 50 begrenzt – und die Reihen im Haus der Gießerei-Industrie in Düsseldorf waren voll. Der Schwerpunkt der Vorträge lag auf dem Mittelstand. Sie behandelten vier Brennpunkte, wenn es um betriebswirtschaftliche Belange für Gießereien geht: die aktive Gestaltung der Finanzierungszukunft, Fördermöglichkeiten in Zeiten der Transformation zur Klimaneutralität, der Sachversicherungsschutz und die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die gerade die personellen Ressourcen mittelständischer Unternehmen vor große Herausforderungen stellt.
„Es freut mich ganz besonders, dass wir mit unseren Themen offensichtlich den Nerv getroffen haben.“ BDG-Hauptgeschäftsführer Max Schumacher, der es sich nicht nehmen ließ, die Teilnehmer persönlich zu begrüßen, ordnete die Vorträge in die gesamtwirtschaftspolitische Lage ein. Er betonte, wie wichtig es für Verband und jede Gießerei ist, grundsätzlich die Zukunft Deutschlands als Industriestandort in den Fokus von Politik und Zivilgesellschaften zu rücken. Der BDG ist als Mitglied des BfE dabei, ein entsprechendes Papier für die Politik auszuarbeiten.
Arno Fuchs und Marcel Lange von Fox Corporate Finance (FCF) zeigten im ersten Vortrag dann ausgehend vom aktuellen Markt- und Zinsumfeld gleich an einem Beispielunternehmen, wie sich Gießereien langfristig finanzieren und krisensicher aufstellen können. Das Unternehmen nutzt dazu u.a. ein mittelstandstaugliches quantitatives Analyse tool. „Es gibt Möglichkeiten die Finanzierungszukunft aktiv zu gestalten. Wir geben Anregungen, denn es gibt nicht einen Ansatz“, so Arno Fuchs. Denn das klassische Modell der Hausbank kann der Mittelstand mit anderen Finanzierungsinstrumenten kombinieren.
„Wer hat denn schon einmal Förderungen beantragt“, leitete Jan Bewarder von REM Capital den nächsten Vortrag ein. Zusammen mit seinem Kollegen Oliver Sigloch nahm er sich den aktuellen, sehr volatilen Markt der Fördermöglichkeiten vor. „Und wer hatte denn schon einmal Spaß dabei?“ Diese Frage führte dann eher spontan zu Heiterkeit unter den anwesenden Mittelständlern. REM Capital hat einen seiner Schwerpunkte auf Fördermöglichkeiten für die Transformation zur Klimaneutralität gelegt. Neben Anlagen- und Maschinenbau in der Fertigung waren daher auch Maßnahmen zur Instandsetzung der Immobilien oder die Abwärmenutzung oder Innovationen und Digitalisierung sowie allgemeine Investitions- und Unternehmensfinanzierungen Thema. Sigloch musste für seinen konkreten Teil den Laptop zur Hilfe nehmen, zu aktuell sind die Informationen, die er den Anwesenden vermittelt. Und zu veränderlich die Förderlandschaft, wurde seit dem 15. Februar der Förderblock doch grundlegend überarbeitet.
Jens Dietrich von der Gossler, Gobert & Wolters Gruppe machte den Teilnehmern wenig Hoffnung. „Es wird in Zukunft eher noch schlimmer“, sagte der Versicherungsmakler gleich zu Anfang. Dass die Sachversicherung von Gießereien immer schwieriger wird, ist nichts Neues. Dass im Zentrum der Brandschutz – sowohl baulich als auch organisatorisch – steht, auch nicht. Die praxisorientierten Hinweise des Vortragenden waren deshalb mehr als willkommen. Sein Fazit: Versicherer werden bei Neugeschäften nur Risiken mit sehr gutem Brandschutz übernehmen und im Bestandsgeschäft muss der Brandschutz kontinuierlich verbessert werden.
Laut CSRD-Verordnung der EU müssen ab 2026 in Deutschland rund 15.000 Unternehmen rückwirkend für 2025 einen Nachhaltigkeitsbericht abgeben. Das heißt, die entsprechenden Zahlen müssen schon ab 2025 erhoben werden. „Lassen Sie das Thema nicht liegen“, sensibilisierte Dr. Christian Reisinger von ConClimate deshalb die Zuhörer im letzten Vortrag. Das Unternehmen geht das Thema Nachhaltigkeit von der strategischen Seite her an. ESG-Strategie als Bestandteil der Unternehmensstrategie – wegen der Komplexität des Themas hat ConClimate sogar eine eigene Software entwickelt. „Nachhaltigkeit ist erwachsen geworden“, sagte Dr. Christian Reisinger. „Wir haben noch ein paar Monate Zeit, um alles stressfrei auf die Straße zu bekommen.“
Was nehmen die Anwesenden aus der Veranstaltung mit? Sicherlich aktuelle Fakten und wertvolle Anregungen in herausfordernden Zeiten. Und den Eindruck einer gemeinsamen Überzeugung, die schon in der Einleitung von Max Schumacher zum Ausdruck kam: „Wir glauben an das Geschäftsmodell Gießerei.“