InnoGuss

Transformationspfade zur CO2-Reduktion in der Gießerei-Industrie

 

Mit dem Projekt „InnoGuss“ sind innovative Transformationspfade speziell für Gießereien in NRW entwickelt und die dafür relevanten technischen, wirtschaftlichen und politischen Randbedingungen identifiziert worden. Koordiniert wurde das Vorhaben vom Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG), unterstützt durch die BDG-Service GmbH und das VDEh-Betriebsforschungsinstitut (BFI).

Die meisten Gießereien nutzen fossile Energieträger wie Gießereikoks, Erdgas und Heizöl. Der Hauptenergiebedarf entsteht üblicherweise im Rahmen der Schmelzprozesse. Wie lassen sich die dadurch entstehenden CO2-Emissionen zukünftig vermeiden? Welche Transformationspfade hin zur Klimaneutralität gibt es und welche politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen sind dafür erforderlich? Ist die Elektrifizierung aller Thermoprozesse mit Hilfe erneuerbarer Energien ein realistischer Weg? Welche Rolle spielen Biomasse, Biomethan oder grüner Wasserstoff? Diese und weitere Fragen wurden im Förderprojekt InnoGuss bearbeitet. Der aktuelle Stand der Dekarbonisierung der NRW-Gießerei-Industrie wurde ermittelt und potenzielle Technologien zur Treibhausgasminderung identifiziert.

Max Schumacher, Hauptgeschäftsführer BDG: „Das Land NRW hat unsere Initiative unterstützend aufgegriffen und fördert den Weg der Gießerei-Industrie Richtung Nachhaltigkeit und Klimaneutralität. Dafür ist das Projekt InnoGuss der Meilenstein.“
 

Innovation: Ganzheitliche Klimastrategie

Im Zeitraum von 2021 bis 2023 untersuchte das Projekt InnoGuss erstmalig die spezifischen Produktionsbedingungen von Eisen-, Stahl- und NE-Metall-Gießereien in NRW und zeigt anhand von sechs idealtypischen Modellgießereien Wege zu emissionsarmen Prozessen auf. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag dabei auf sog. -Technologien, welche die Grundlage für die darauffolgende Entwicklung der Transformationspfade für die Branche bilden. Breakthrough-Technologien sind grundsätzlich geeignet, um sprunghafte Reduzierungen der Treibhausgas-Emissionen zu ermöglichen. Es wurden hierfür mehrere Technologien untersucht und im Ergebnis vier mögliche Technologiepfade herausgearbeitet:

  • Biomasse („Biokoks“ zur Nutzung im Kupolofen)
  • Wasserstoff (als Alternative zur Nutzung von Erdgas)
  • Elektrifizierung (Verwendung strombasierter Thermoprozesse)
  • CCX (Abscheidung und Speicherung bzw. Nutzung von CO2)

In einem anschließenden Bewertungsverfahren wurde geprüft, ob eine technische Machbarkeit der Technologiepfade für die sechs Modellgießereien gegeben ist und inwieweit jeder der Pfade zur Erreichung der Klimaziele beiträgt. Hierbei wurden zwei Zeithorizonte – 2030 und 2045 – betrachtet.

Wenig überraschend stellt sich die Elektrifizierung als „Königsweg“ zur Erreichung einer Klimaneutralität in Gießereien heraus. Für nahezu alle Thermoprozesse sind elektrische Lösungen verfügbar – beim Schmelzen von Metallen sind sie Stand der Technik. Aber auch Verfahren zur Wärmebehandlung und Pfannenvorwärmung können in vielen Fällen mit Strom betrieben werden. Die anderen drei Technologiepfade bieten ebenfalls Potenzial zur Reduzierung von Treibhausgasen, bedürfen jedoch zum Teil weiterer Forschung und Entwicklung.

 

Effizienz: Optimierung entlang der gesamten Prozesskette

Um die Treibhausgas-Emissionen der nordrhein-westfälischen Gießerei-Industrie entsprechend den gesetzlich vorgegebenen Zielen zu vermindern, müssen Fertigungsprozesse angepasst und bisherige Technologien hinterfragt, modifiziert oder langfristig ersetzt werden. Es erfolgte zunächst eine Bestandsaufnahme zum Einsatz von Energieträgern und Energieeffizienztechnologien sowie eine Erhebung möglichst vieler Schmelzaggregate in den Betrieben, um daraus das theoretische Potenzial zur Emissionssenkung abschätzen zu können. Anschließend wurden die notwendigen Randbedingungen und Hemmnisse für eine Dekarbonisierung analysiert sowie Maßnahmen abgeleitet und bewertet, welche in den Gießereien die Energieeffizienz verbessern und somit die CO2-Emissionen senken. Dafür wurde im Projekt InnoGuss der „Kompass“ entwickelt. Dieses Tool unterstützt die mittelständisch geprägten Unternehmen der Branche auf dem Weg zur Klimaneutralität. Basierend auf sieben Kernthemen zur Transformation können sich Gießereien in einem Reifegradmodell mit ihren individuellen Technologien verorten und die nächsten logischen Schritte zur CO2-Minderung in ihrer Klimastrategie verankern. 

 

Effekt: Branchen-individuelle CO2-Reduzierungsstrategien

Der Gesamtenergiebedarf der deutschen Gießereien lag laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2019 bei etwa 12,4 Terawattstunden. Damit trug der Industriezweig etwa zu einem Prozent zu den gesamtdeutschen CO2-Emissionen bei. Das Projekt InnoGuss in NRW ist ein erster Schritt hin zu einem ganzheitlichen Ansatz der Gießerei-Branche, ihre Energieeffizienz zu steigern sowie Treibhausgasemissionen systematisch zu vermindern. Das Projekt trägt somit wesentlich dazu bei, die vorgegebenen Klimaziele zu erreichen. Die Ergebnisse zeigen den Unternehmen mögliche Wege auf, an ihren Standorten die klimapolitischen Ziele bis zum Jahr 2030 bzw. 2045 umzusetzen. Und: die Ergebnisse von InnoGuss schaffen die Voraussetzung, CO2-Minderungspotenziale und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen für die gesamte Branche in Deutschland zu formulieren.

Als Verband haben wir in umfangreicher Kenntnis der Branche einen sehr weiten Fokus, der deutlich mehr Aspekte umfasst als den Willen, CO2-Emissionen spürbar zu mindern. Nachhaltigkeit umfasst nicht nur die ökologische Komponente, sondern auch den soziale und ökonomische Aspekte. Unser Anspruch wird deswegen sein, den erforderlichen Umbau unserer energieintensiven Branche so vorzunehmen, dass die Betriebe auch künftig wirtschaftlich agieren können. 

Der finanzielle Aspekt ist deshalb im Projekt zwingend mitzudenken. Oder, in den Worten des Projekts: „Die Industrie benötigt klare und im Blick auf lange Investitionszyklen realisierbare Vorgaben und Unterstützung, damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht überfordert wird“. Das ist im Hinblick auf die aktuelle Situation besonders wichtig: Als klassische Zulieferindustrie steht die Gießerei-Industrie in einem globalen Wettbewerb, der mit einem massiven Preis- und Margendruck einhergeht.

www.in4climate.nrw

Beiträge zum Forschungsprojekt InnoGuss