Der Digitalisierungsgrad der deutschen Industrie hat sich 2018 erneut gesteigert. Sowohl bei der Nutzung stationärer und mobiler Geräte als auch beim Einsatz digitaler Infrastrukturen legten die Industrieunternehmen zu. Auch in Bezug auf interne Prozesse sind die Verbesserungen unübersehbar: Gaben 2016 nur 46 Prozent der Industrieunternehmen an, über hoch digitalisierte interne Prozesse zu verfügen, sind es 2018 bereits 58 Prozent. Die Industrie hat also in Sachen Digitalisierung eine Trendwende vollzogen. Sagten 2016 noch fast die Hälfte aller Industrieunternehmen (48 Prozent), dass sie Digitalisierungsprojekte für unnötig halten, sind es aktuell nur noch 29 Prozent.) Gerade unsere wichtigen Kundenbranchen wie der Fahrzeug- und Maschinenbau sind hier die Vorreiter bei der Umsetzung von Industrie 4.0-Themen.

Für die Gießerei-Industrie bietet die Digitalisierung ein großes Potenzial zur Verbesserung und Stabilisierung der Produktionsprozesse und zur Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz. Die Fortsetzung der digitalen Transformation wird für die meisten Gießereiunternehmen auch zukünftig ein Prozess sein, der schrittweise erfolgt. Eine systematische Bewertung und Auswahl passender Technologien sowie die konsequente Aufwand-/Nutzen-Abschätzung sind dabei wichtig. Bei der Vielfalt der technologischen Möglichkeiten kann bei aller Begeisterung sonst schnell der Überblick verlorengehen. Im Mittelpunkt dieses Veränderungsprozesses stehen Mitarbeiter und Führungskräfte, die diese Veränderungen als Chance verstehen und bereit sind, sich auch auf neue Technologien und auf neue Informations- und Lernmethoden einzulassen. Die Zukunft der modernen Produktion liegt in einer hochflexiblen, vernetzten und auf die Kundenwünsche abgestimmten Fertigung. Gerade in der Digitalisierung und Vernetzung des Produktionsprozesses steckt ein enormes Potenzial. um die Fertigung schneller und flexibler zu machen. Dies führt am Ende zu geringerem Ressourceneinsatz, einer erhöhten Produktivität und dem zielsicheren Befriedigen von Kundenbedürfnissen.

Die Einführung von Digitalisierungsbausteinen in die Produktion kann dabei im ersten Schritt durch die Aufrüstung bestehender Systeme und Nutzung vorhandener Ressourcen und Daten erfolgen. Aufgrund des sehr breiten Anwendungsspektrums und der ständigen Weiterentwicklung ist es schwierig, das Potenzial der Digitalisierung abzuschätzen. Im Bereich intelligenter Produktionssteuerung wird es beispielsweise sich selbst organisierende Maschinen und Anlagen geben, die eine kundenindividuelle Massenproduktion und Losgröße-1-Fertigung ermöglichen. Im Bereich der Anlagenleistung erhöht die Erfassung, Analyse und Nutzung von Daten die Verfügbarkeit. Die Einführung von Wissensmanagement und Assistenz-Systemen ermöglicht den einfachen Zugang zu Informationen im gesamten Unternehmen.

Im BDG-Arbeitskreis Gießerei 4.0 wurden und werden diese Themen für die Gießerei-Industrie bearbeitet. Aus der Motivation 4.0-Themen zu bewerten und zu priorisieren ist dabei die Idee zum BDG-Kompass Gießerei 4.0 entstanden. Als Ansatzpunkt diente u.a. der VDMA-Leitfaden Industrie 4.0). Dieser BDG-Kompass soll den Gießereien eine Orientierungshilfe bieten und die Erstellung einer eigenen unternehmensspezifischen Roadmap erleichtern. Die Digitalisierung hat viele Dimensionen, der BDG-Arbeitskreis 4.0 hat sich auf zehn Themen konzentriert. Jeder Themenblock wird tabellarisch anhand charakteristischer Kriterien dargestellt und in fünf verschiedenen Reifegradstufen beschrieben. Die Tabellen werden durch einen Begleittext in der Broschüre zusätzlich erläutert.

Die vorliegenden Reifegradmodelle können als Diskussionsgrundlage für die Standortbestimmung eines Unternehmens hilfreich sein. Gegebenenfalls lässt sich auf diesem Wege eine unternehmensspezifische „Roadmap 4.0“ erarbeiten.

Maßgebend ist hierbei sicher die Frage, inwieweit die verfügbaren Technologien und Methoden die operativen und strategischen Zielsetzungen eines Unternehmens unterstützen können. Die Relevanz der einzelnen Kriterien und der anzustrebende Reifegrad hängen dabei maßgebend von den Zielsetzungen und vom Geschäftsmodell eines Unternehmens ab. Für eine Gießerei, die sich als Entwicklungspartner auf die Volumenproduktion spezialisiert hat, ergeben sich andere Anforderungen als für eine Kundengießerei mit breitem Teilespektrum und einem sogenannten „build to print“-Prozess.