Lohnt sich Abwärmenutzung beim Kupolofen?

Von Joachim Würz und Jörg Rachner, Willich, Hans-Jaan Rachner und Michael Lemperle, Essen

Erschienen in GIESSEREI 03/2013

 

Hinter der Absicht, Energie zu sparen, stehen neben Nachhaltigkeit und besserer Umweltverträglichkeit fast immer auch handfeste wirtschaftliche Motive. So auch bei Gießereien mit Kupolöfen, die hohe Kokspreise für ihren Schmelzbetrieb aufbringen müssen. Das Schmelzaggregat birgt aber auch große Potentiale zur Abwärmenutzung.

In Zeiten, wo Sparlampen gesetzlich vorgeschrieben sind, Windkraftwerke und Solaranlagen boomen sowie Kohlendioxidemissionen gehandelt werden, muss sich auch der Kupolofenbetreiber fragen lassen, wie und wo er Energie einspart. Aufgrund extrem hoher Kokskosten versucht er, mit immer weniger Koks auszukommen, Koksersatzstoffe wie Anthrazit einzusetzen, manchmal auch Erdgas mit Sauerstoff oder auch billige Kohlenstoffträger in den Ofen einzublasen. Alle diese Bemühungen können in der Regel die Kosten nur wenig senken, dafür aber den Ofenbetrieb oft negativ beeinflussen. aneben fallen in einer Gießerei noch zusätzliche Energiekosten zum Heizen, Trocknen, Vorwärmen etc. an, für die oftmals unnötigerweise Erdgas oder Strom eingesetzt werden. Immerhin wird heute der Heißwind nicht mehr durch Verbrennung von Erdgas erzeugt, wie das noch in den 1960-iger Jahren üblich und bequem war. Nach dem Wärmeaustausch zur Winderhitzung muss die überschüssige Energie der verbrannten Gichtgase systembedingt ausgekoppelt werden, um die Gase auf eine für den Tuchfilter akzeptable Temperatur abzukühlen. Bei der nassen Gaswäsche ist der Sachverhalt energetisch gesehen ähnlich. Die sinnvolle Nutzung dieser ausgekoppelten Energie soll im Folgenden diskutiert werden.

 

Die wärmetechnischen Grundlagen

Für die folgenden Betrachtungen und Rechnungen wird ein Heißwindkupolofen mit einer Schmelzleistung von 10 t/h zugrunde  gelegt. Für Anlagen anderer Schmelzleistung lassen sich die Daten dann näherungsweise linear extrapolieren, d. h. für eine 30 t/h Anlage sind die angegebenen Werte mit dem Faktor drei zu multiplizieren. Tabelle 1 zeigt den hier benutzten exemplarischen Datensatz, der typisch ist für einen Heißwindofen mit feuerfester Auskleidung. Der Energieeintrag berücksichtigt hier die Verbrennungswärme des eingesetzten Kokses, den Abbrand der typischen Legierungszuschläge und die thermische Energie des Heißwindes [1].

 

Tabelle 1: Basisdaten für Kupolofen und Gaswirtschaften
Schmelzleistung in t/h 10
 
Satzkoks in % 10,5
 
Windmenge in Nm3/h 6000
Kohlenmonoxid in Vol.-% 16
Wasserstoff in Vol.-% 1
Energieeintrag (Koks, Heißwind, Abbrand) in kW 9800
Energieaustrag (Gichtgas) in kW 4550

 

Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen

Für eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sind die drei Varianten der Stromerzeugung und die reine Wärmenutzung noch einmal in Tabelle 2 zusammengefasst.

 

Tabelle 2: Vergleich potentieller Abwärmenutzung bezogen auf eine Schmelzleistung von 10 t/h.
Kondensationsturbine Gegendrucktrubine ORC Reine Wärmenutzung
Strom: 638 kW Strom: 479 kW Strom: 400 kW  
  Wärme: 2181 kW Wärme: 2260 kW Wärme: 2660 kW

Zur Abschätzung der Amortisationszeit für die aufzubringenden Investitionen wurden folgende Annahmen getroffen:

  • Strompreis 0,1 Euro/kWh elektrisch
  • Wärmepreis 0,035 Euro/kWh thermisch
  • Betriebszeit des Schmelzbetriebes 6000 h (typischer Dreischichtbetrieb)
  • Stromerzeugung in 75 % der Betriebszeit (Mit diesem Wert werden An- und Abfahrprozeduren sowie Schmelzpausen berücksichtigt. Vorstellbar wären bis zu 90 %, dies hängt aber von der Kontinuität des Schmelzprozesses ab)
  • Wärmenutzung (thermisch) in 40 % der Betriebszeit (typische Heizperiode). Die Nutzung der Abwärme für die Beheizung von Trocknern oder der Wärmeverkauf an Anrainerfirmen würden  zu besserer Auslastung und damit zu einem deutlich höheren Nutzeffekt führen. 

 

In Bild 5 sind die Amortisationszeiten in Abhängigkeit von der Schmelzleistung des Kupolofens für die beschriebenen Verfahren graphisch dargestellt.

Danach hat die Stromerzeugung auf der Basis einer Kondensationsturbine selbst bei großen Anlagen mit Schmelzleistungen oberhalb von 30 t/h noch Amortisationszeiten von etwa sieben Jahren. Solche Zeitspannen werden heute nur in Ausnahmefällen akzeptiert. Deutlich besser stellen sich die anderen Varianten dar. Für diese Varianten ist die teilweise oder vollständige Nutzung der Wärme zu Heizzwecken etc. der wesentliche Einflussfaktor. Die Amortisationszeiten für die Gegendruckturbine und die ORC-Turbine, beide gekoppelt mit direkter Wärmenutzung, sind von gleicher Größenordnung. Die ORCTechnik hat dabei den Vorteil, dass bei ihr die hohen Auflagen der TRD (Technische Regeln Dampf) nicht zum Tragen kommen. Nicht von ungefähr nutzen rund 200 Anlagen in der Holzindustrie diese Technik.

Bei der reinen Wärmenutzung werden die Amortisationszeiten nochmals gesenkt.  Das ist natürlich im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Investitionskosten für diese Anwendungen nur bei etwa einem Drittel der Investitionskosten einer Gegendruckturbinenlösung liegen. Bei bestehenden Anlagen mit schon vorhandenen Abhitzekesseln sind die Investitionsaufwendungen zur Nutzung der Abwärme naturgemäß noch geringer und die Amortisationszeiten mit unter zwei Jahren deutlich kürzer.

 

Zusammenfassung

Bei den heutigen Stromgutschriften ist eine Investition zur Nutzung der Abwärme für eine reine Stromerzeugung nicht zu empfehlen. Es werden damit keine akzeptablen Geldrückflusszeiten erzielt. Wird
aber neben der Stromerzeugung auch die überschüssige Wärme genutzt, wie bei der Anwendung von Gegendruck- oder ORCTurbine, so ergeben sich akzeptable Geldrückflusszeiten von zwei bis vier Jahren. Speziell im Hinblick auf die steigenden Energiepreise und den CO2-Handel werden solche Investitionsmaßnahmen immer attraktiver. Muss bei einem bereits vorhandenen Abhitzekessel nur der Verbraucher für die Nutzung der Wärme installiert werden, liegen die Amortisationszeiten unter zwei Jahren.

Joachim Würz und Dr.-Ing. Jörg Rachner, Würz GmbH, Willich-Münchheide, Hans-Jaan Rachner und Dr.-Ing. Michael Lemperle, Küttner GmbH & Co. KG, Essen

Literatur:
[1] Würz, J.: Nutzung der Abwärme eines Kupolofens: Lässt sich das rechnen?, Vortrag auf der Kupolofen-Konferenz 2012 in Dresden.
[2] Neumann, F.: Gußeisen. Kap. 2.3.3, S.38. Expert Verlag 1999.
[3] Greibig, R.: Klimaschutz durch Energieeffizienz: Abwärmenutzung am Kupolofen für die Lebensmittelindustrie, Vortrag auf der Kupolofen-Konferenz 2012 in Dresden.

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