Dampf machen beim Sparen
Von Sabine Paulus, Kitzingen
Erschienen in GIESSEREI 05/2012
Betriebe wie die Kitzinger Gießerei Franken Guss entwickeln Strategien, um den Kostenanstieg bei der Energie zu bewältigen.
Das Kitzinger Gießerei-Unternehmen Franken Guss Kitzingen GmbH & Co. KG verbraucht 50 Mio. Kilowattstunden (kWh) Strom pro Jahr. Zum Vergleich: Ein 4-Personen-Haushalt hat einen Stromverbrauch von durchschnittlich 4000 kWh im Jahr.
Der wichtigste Energieträger ist aber der Gießereikoks. 13 000 t, entsprechend 100 Mio. kWh an Energie, werden für die Produktion verheizt. Hinzu kommen noch 50 Mio. kWh Erdgas und 2 Mio. kWh Diesel. Die beiden Schmelzbetriebe für Eisen und Aluminium sowie die Heizung machen zusammen 80 % des Energieverbrauchs des Betriebs aus. Es ist klar, dass das Unternehmen ein gutes Energiemanagement haben muss. Es sind Riesenaufgaben zu bewältigen, damit der gigantische Energiebedarf in den nächsten Jahren bezahlbar bleibt.
Mehrkosten von rund 1,8 Mio. Euro durch EEG-Umlage
Unaufhörlich steigen die Kosten. Die Umlage für die Förderung Erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) ist von 0,6 Cent pro kWh im Jahr 2006 auf aktuell 3,592 Cent/kWh gestiegen. „In der Gießerei macht das bei einem Verbrauch von 50 Mio. kWh 1,7 bis 1,8 Mio. Euro an Mehrkosten pro Jahr aus“, rechnet Josef Karl, Leiter Einkauf, vor.
Die Stromsteuer stieg kontinuierlich an. Hinzu kommen die immer strenger werdenden Gesetze gegen den Ausstoß von Kohlendioxid. Wer klimaschädliches CO2 ausstößt, muss im Emissionshandel über entsprechende Berechtigungen verfügen.
Stehen dem Verursacher nicht genügend Berechtigungen zur Verfügung, kann er sogenannte Zertifikate hinzukaufen. Die Menge ist aber begrenzt.
Handel mit Emissionszertifikaten beginnt 2013
Bislang gab es zwei Handelsperioden, bei denen die Kitzinger Gießerei noch außen vor war. Bei der dritten Handelsperiode ab 2013 ist Franken Guss dabei. Damit ist das Unternehmen in der Pflicht, seine CO2-Emission jährlich zu reduzieren. „Dann gibt es auch kostenlose freie Zuteilungen nur noch auf Antrag für bestimmte Branchen und nicht mehr wie in der ersten und zweiten Handelsperiode für 100 % der Emissionen. Da werden die Daumenschrauben angezogen“, sagt Markus Heckelmann, zuständig fürs Energiemanagement in der Gießerei. Was Heckelmann meint: Zusätzlich wird die Anzahl der verfügbaren Emissionsberechtigungen von der EU jährlich reduziert.
Vorbereitet wurde das Emissionshandelssystem durch die Ermittlung der Vorzeigeunternehmen je Branche. Für die Gießereien, indem von 40 Betrieben Daten erhoben wurden. Diese Unternehmen wurden dann als anzustrebende Basis genommen.
„Es wird wohl der überwiegende Teil zukaufen müssen, nicht nur Franken Guss“, sagt Rainer Bosky, Leiter des kaufmännischen Bereichs. „Unsere Aufgabe ist nun, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um den CO2 -Ausstoß zu reduzieren.“
Gießereien in Nicht-EU-Ländern haben Wettbewerbsvorteil
Heckelmann kritisiert, dass es den europäischen Betrieben schwer gemacht werde. Weil das Emissionshandelssystem nur in der EU gilt, hätten Gießereien in Nicht-EU-Ländern einen Wettbewerbsvorteil. Dann fügt er hinzu, die Bürokratie dieses Systems sei gigantisch. Beispielsweise umfasse der Antrag für die Zuteilung freier Zertifikate ausgedruckt fast 1000 Seiten.
Seit 2003 bemüht sich die Gießerei intensiv ums Energiesparen. Zuerst wurden Studien in Auftrag gegeben. Nun laufen Planungen. Zu Gute komme, dass die Technik Fortschritte macht, sagt Josef Karl. Bei Ersatzbeschaffungen oder dem Kauf von Motoren werde auf den Energieverbrauch der Geräte geachtet. 2007 kam ein neuer Kompressor ins Werk, der genauer zu regeln ist als der frühere. Inzwischen ist das Verwaltungsgebäude energetisch saniert und gedämmt. Und der Parkplatz wird von Lampen mit LED-Licht erhellt.
Mittelfristig ist geplant, die Heizung zu modernisieren. Mit den höllisch hohen Temperaturen, die beim Schmelzvorgang abgegeben werden, müsse sich ja auch etwas anfangen lassen, sind sich Karl, Heckelmann und Bosky sicher. Wärmerückgewinnung ist das Stichwort hierfür.
Regelmäßig treffen sie sich mit Vertretern anderer Unternehmen in Unterfranken. Sie haben sich 2006 zu einem Energieeffizienz-Netzwerk zusammengeschlossen. Auch im Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie BDG, Düsseldorf, gibt es Netzwerke und Arbeitskreise zum Thema Energiebezug und Energiesparen sowie in Sachen Rohstoffbezug. „Solche Verbünde werden immer wichtiger“, sagt Einkaufsleiter Josef Karl.
Quelle: „Die Kitzinger“ vom 05.02.2012
Nachgefragt: Dipl.-Ing. Josef Ramthun
Der geschäftsführende Gesellschafter von Franken Guss Kitzingen hat Gießereitechnik an der Universität Duisburg studiert und war anschließend unter anderem Mitglied der Geschäftsführung der Georg Fischer Automobilguss GmbH in Singen und Geschäftsführer Technik, Produktion und Innovation bei Fritz Winter in Stadtallendorf. Seine derzeitige Aufgabe übt Ramthun seit 2009 aus.
Um den Energieverbrauch zu senken und so den CO2-Ausstoß zu reduzieren, haben Sie schon einige Maßnahmen ergriffen. Wie wollen Sie mittelfristig den Zukauf von Emissionshandels- Zertifikaten verhindern oder begrenzen?
Den Zukauf kann man nicht verhindern. Eine Begrenzung ist dagegen schon möglich. Wir haben da Möglichkeiten in den Bereichen Heizung, Beleuchtung oder Optimierung von Verbrennungsprozessen, wo wir schlicht versuchen, den CO2-Ausstoß in Summe immer weiter nach unten zu fahren. Sie sehen, es gibt einige Themen, die wir selber in der Hand haben und nach besten Kräften forcieren können. Das Potential ist durchaus vielversprechend.
Mit welchen finanziellen Belastungen durch den Zukauf von Zertifikaten rechnen Sie im kommenden Jahr?
Wir gehen von einem sechsstelligen Betrag für die Franken Guss im nächsten Jahr aus. Interessant ist in diesem Zusammenhang aber auch, wie sich die EEGUmlage entwickeln wird. Bleibt die Härtefallregel so hart wie bisher oder gibt es Änderungen? Was passiert tatsächlich mit CO2-Zertifikaten, wenn es von der zweiten in die dritte Handelsperiode geht? Kann man sie mitnehmen oder nicht? Unter welchen Voraussetzungen? Hier fehlt Klarheit! Und so stocken teilweise auch Investitionen in Energieeffizienz, weil nicht sicher ist, ob man auf das richtige Pferd setzt. Ich befürchte, dass wir gute Investitionen vor uns herschieben, weil die kalkulatorische Sicherheit nicht da ist. Im internationalen Wettbewerb kann das auch zu dem einen oder anderen Rückschlag führen.
Wichtigster Energieträger in Ihrer Gießerei ist Koks für Ihre Kupolöfen. Wie senken Sie den CO2-Ausstoß dieser Öfen?
Da ist als erstes das Verbrennungsverhältnis anzusprechen. Je effizienter wir den Koks nutzen, desto weniger brauchen wir davon und desto geringer ist der CO2-Ausstoß am Ende. Und da müssen wir alles, was technisch denkbar ist, immer wieder untersuchen und der Optimierung keine Grenzen setzen.
Setzen Sie hier auf ein bestimmtes Verfahren?
Es gibt bei der Injektion von Sauerstoff einen Wettstreit der vermeintlich besten Verfahren. Da sind wir natürlich mit im Boot und versuchen die Kokssorten, Verfahrensweisen und Notwendigkeiten, die in jeder Gießerei unterschiedlich sein können, bestmöglich miteinander zu kombinieren.
Sie setzen im Kupolofen auch Heißwind ein?
Ja, Heißwindkupolöfen sind natürlich mittlerweile in der Branche etabliert. Neben der Windtemperatur sind aber auch die verfügbare Koksqualität sowie die Fahrweise des Kupolofens selbst von Bedeutung. Je konstanter die Rahmenbedingungen sind, desto effizienter kann das Schmelzaggregat betrieben werden.
Ihre beiden Schmelzbetriebe machen den überwiegenden Teil Ihres Energieverbrauchs aus. Welches Potential messen Sie der Wärmerückgewinnung zu, die Sie nutzen wollen, um Energieeffizienzpotentiale auszuschöpfen?
Die Beantwortung dieser Frage kommt einer Wette auf die Energiepreise gleich. Wenn wir wüssten, wie teuer die Energie wird, wüssten wir auch, welche Potentiale damit erreicht werden können. Je nach Energiepreisentwicklung kann hier aber schnell eine halbe Mio. Euro oder mehr im Jahr zusammenkommen.
Gibt es noch weitere Einsparpotentiale im Schmelzbetrieb, z. B. Energiemanagementsysteme, und wie viel lässt sich damit sparen?
Energiemanagementsysteme sind hier schon seit vielen Jahren im Einsatz. Es gibt natürlich nichts, was man nicht weiter optimieren kann. Man muss aber auch sagen, dass die Potentiale hier weitgehend ausgeschöpft sind.
Die Technik in Sachen Energieeffizienz macht Fortschritte. Auf welche Entwicklungen im Gießereibereich setzen Sie besonders?
Ein Thema ist die bestmögliche Nutzung der Abwärme. Jeder, der Aluminium oder Eisen verflüssigt, erzeugt Abwärme. Diese wird nicht in jedem Falle so effizient genutzt, wie das technisch möglich wäre. Investitionen in diese Richtung sind aber wohl erst dann zu erwarten, wenn klar ist, wohin die Reise geht: und zwar bei den Strompreisen, den Emissionszertifikaten oder auch den Rahmenbedingungen zum Schutz energieintensiver Betriebe. Ein gewaltiges Aktionsfeld eröffnet sich insbesondere im Automobilsektor beim Thema Leichtbau. Klar ist: Jede Reduzierung des Gussteilgewichts bringt uns hier einen Schritt weiter und reduziert den Energieeinsatz und auch den CO2-Ausstoß.
Sie haben sich mit anderen unterfränkischen Unternehmen zu einem Energieeffizienz- Netzwerk zusammengeschlossen. Was können und wollen Sie gemeinsam erreichen?
Zum einen wollen wir uns selber überprüfen, ob wir denn auch nach bestem Wissen alle Themen gefasst haben. Man sagt immer vier Augen sehen mehr als zwei. Und somit nutzen wir das Netzwerk, um gute Erfahrungen von anderen auch bei uns einzusetzen. Man muss nicht alles doppelt erfinden, was andere gut gemacht haben, zum Beispiel bei den Themen Druckluft, Beleuchtung, Heizung und vielen mehr. Darüber hinaus ist Energieeffizienz ein Thema, das in der Region positiv wahrgenommen wird. Das regionale Netzwerk kann somit auch das Image von Unternehmen verbessern, die historisch gewachsen sind und hier vielleicht einen Nachholbedarf haben.