Effizienzschraube Druckluft - Drucklufttechnik von Atlas Copco leistet Beitrag zur ISO 50001 und DIN EN 16247

Von Stephanie Banse, Hamburg

Erschienen in GIESSEREI 12/2017

 

Führt ein Unternehmen ein Energiemanagementsystem ein, so spart es auf mehreren Ebenen: Zum einen locken Steuersenkungen und eine Reduzierung der EEG-Umlage, zum anderen lässt sich der Energieverbrauch durch Maßnahmen zur Effizienzsteigerung im Schnitt um 30 % senken. Diese Maßnahmen, wie etwa eine Modernisierung der Druckluftversorgung, sind auch für Gießereien zum Teil förderfähig. Atlas Copco unterstützt Anwender bei der Ist-Analyse sowie der Erstellung effizienter Konzepte.

 

Energiemanagement und -audits

„Die Themen Energiemanagement nach ISO 50001 und Energieaudits gemäß EN 16247 stehen bei vielen unserer Kunden auf der Tagesordnung“, erklärt Karsten Decker, Teamleiter Energieberatung bei Atlas Copco in Essen. „Dabei spielt die Druckluft eine wichtige Rolle; denn mit einer zeitgemäßen, effizienten Druckluftversorgung können wir erheblich dazu beitragen, die gesteckten Energiesparziele zu erreichen.“ Das Kyoto-Protokoll sieht eine Reduktion der CO2-Emissionen um 40 % bis zum Jahr 2020 (im Vergleich zu 1990) vor. Um diese Forderung umzusetzen, sind alle Nicht-KMU (Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern oder 50 Millionen Euro Umsatz) seit dem 5. Dezember 2015 dazu verpflichtet, ein Energieaudit durchzuführen oder ein Energiemanagementsystem zu etablieren. Mit letzterem verpflichtet sich das Unternehmen, im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses Energieeinsparungen voranzutreiben. Jährlich sollen neue Einsparmöglichkeiten aufgedeckt und umgesetzt werden. Das Ziel ist die Verringerung der CO2-Emissionen. Um hier Anreize zu schaffen, hat der Gesetzgeber Energiemanagementsystem und Audit zur Bedingung dafür gemacht, dass Unternehmen Steuerreduzierungen und andere Vergünstigungen in Anspruch nehmen können.

 

Tabelle 1: EEG-Umlage: Kosten und Einsparmöglichkeiten bei einem Energieverbauch von 2 GWh pro Jahr

  Stromverbrauch [GWh/a] EEG-Umlage* [Euro/Jahr]
ohne Rückerstattung 2 137 600
mit Rückerstattung bis 1 68 800
mit Rückerstattung ab 1 10 320 (15 % EEG-Umlage)
mit Rückerstattung 2 79 120
Ersparnis mit Rückerstattung 2 58 480

*Bei einer EEG-Umlage von 6,88 Cent pro kWh (2017)

 

So ist beispielsweise die teilweise Rück erstattung der EEG-Umlage an die Einführung eines Energiemanagementsystems oder eines Energieaudits gekoppelt (Tabelle 1). Die EEG-Umlage kann ab der ersten Gigawattstunde um 85 % reduziert werden“, erläutert Decker. „Damit sind auch für mittlere Unternehmen schon Einsparungen von rund 60 000 Euro pro Jahr möglich.“ Aber auch Unternehmen, die jährlich weniger als 1 GWh an Strom verbrauchen, könnten laut Decker von einem Energieaudit oder Energiemanagementsystem profitieren, indem sie Energieverbrauch und Kosten reduzieren, ihre Außendarstellung mit Audit-Zertifikaten bei Geschäftspartnern verbessern und so ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. 

 

Zuerst Energieflüsse analysieren

Für kleine oder Kleinstunternehmen empfiehlt sich das Energieaudit. „Beim Audit wird nur der Ist-Zustand erfasst, also die verbrauchte Energie für die unterschiedlichen Unternehmensbereiche“, erläutert Decker. „In einer Lackiererei mit 100 Mitarbeitern, die vom Umsatz her noch als KMU gilt, würde sich bereits ein Energiemanagementsystem bezahlt machen.“ Erst, wenn die Energieflüsse analysiert sind, ist es sinnvoll, über Einsparmöglichkeiten nachzudenken. Dazu könnte die Modernisierung der Beleuchtung gehören, der Austausch von Pumpen und Motoren oder die Optimierung der Druckluftversorgung.

Bis zu 30 % Einsparungen sind nach Deckers Erfahrungen realistisch, wenn das Energiemanagementsystem im Unternehmen „gelebt“ wird. Im Durchschnitt seien ohne größere Investitionen kurzfristig etwa 10 % an Einsparungen möglich. „Diese Reduzierung erreiche ich durch ein verändertes Verhalten meiner Mitarbeiter, durch optimierte Einstellungen an den Anlagen und gegebenenfalls durch eine moderate Modifizierung von Prozessen“, erklärt Decker. „All diese Dinge lassen sich relativ schnell umsetzen und wirken sich direkt positiv auf den Energieverbrauch aus.“

 

Effizientere Druckluftversorgung von der Erzeugung bis zu den Verbrauchern

Wenn die Modernisierung des Druckluftsystems ansteht, gibt es viele Ansatzpunkte, um die Effizienz zu verbessern. Nicht nur Erzeugung und Aufbereitung sind zu betrachten, sondern auch die Druckluftverteilung und die verschiedenen Abnehmer. Hier gilt es zu prüfen, ob die Maschinen tatsächlich den anliegenden Überdruck benötigen oder mit einem geringeren Wert arbeiten könnten. Auch die Optimierung des Druckluftnetzes bezüglich Materialauswahl und Dimensionierung lohnt sich häufig: Sie vermeidet Druckverluste und senkt damit den Energieverbrauch. „Bei der Auslegung der Druckluftverteilung ist es wichtig, unnötige Bögen und Verjüngungen zu vermeiden sowie einen optimalen Durchmesser zu wählen“, erläutert Decker. „Es ist nicht sinnvoll, die Druckluft mit hocheffizienten Maschinen zu erzeugen, sie dann aber in ein altes, falsch dimensioniertes Rohrleitungsnetz einzuspeisen, das vielleicht auch noch Ablagerungen aufweist und mit einer Sternverteilung statt einer Ringleitung arbeitet. Denn dadurch entsteht ein hoher Druck- und damit Effizienzverlust“.

 

Gussputzerei setzt auf kurze Wege und großvolumige Leitungen

Eine geradezu lehrbuchhafte Drucklufterzeugung und -versorgung hat beispielsweise die Harz Guss Zorge GmbH in ihrer neuen Gussputzerei in Ellrich umgesetzt. Ein öleingespritzter Schraubenkompressor des Typs GA 55+ FF von Atlas Copco erzeugt die Druckluft in unmittelbarer Nähe zu den Verbrauchern und speist sie in ein strömungsgünstig ausgelegtes Netz mit großvolumigem Zwischenspeicher ein (Bild 1). Kurze Wege, wenige Rohrbiegungen und großzügig dimensionierte Leitungen minimieren Druck- und Strömungsverluste. So konnte der Betrieb den Einspeisedruck ins Netz und die Energiekosten spürbar reduzieren.
 

Besondere Aufmerksamkeit widmete Harz Guss den letzten Metern vom Netzabgang zu den Werkzeugen, denn diese Etappe verursacht – bei ungünstigen Komponenten oder minderwertigem Druckluftzubehör – oft sehr hohe Leistungsverluste. So wurden in der Gussbearbeitung am Stammsitz früher häufig Spiralschläuche und Schnellwechsel-Messingkupplungen eingesetzt. Durch zahlreiche Windungen in den engen Spiralschläuchen und das Ventil in den Schnellkupplungen kamen von 6,3 bar Druck an der Wartungseinheit nur noch 4 bis 4,5 bar Fließdruck an den Schleifmaschinen an. So konnten die Geräte nicht ihre volle Leistung erbringen. Weniger Materialabtrag, längere Bearbeitungszeiten und unnötig hoher Energieverbrauch waren die Folge. Derartige Engpässe wurden am neuen Standort eliminiert und damit beste Voraussetzungen für mehr Produktivität geschaffen.

In Ellrich führt nun jeweils ein gerader Schlauch mit 16 Millimetern Innendurchmesser jeder Schleifmaschine ausreichend Luft zu, und die nach dem Kugelhahn-Prinzip arbeitenden ErgoQIC-Sicherheitskupplungen bieten einen hindernisfreien Querschnitt für maximalen Luftdurchsatz. Jeder Arbeitsplatz in Ellrich hat nun eine eigene 1-Zoll-Wartungeinheit, welche die Druckluft automatisch filtert, auf den richtigen Druck regelt und – falls nötig – schmiert.

 

Leckagen finden und Druckschwankungen eliminieren

Vom Praxisbeispiel zurück zur Theorie: Viele Verluste beruhen auch auf Leckagen im Druckluftnetz. Mit speziellen Ortungsgeräten können diese schnell und sicher aufgespürt und dann verschlossen werden. Eine weitere Möglichkeit zur Effizienzsteigerung ist die Druckabsenkung sowie die Realisierung eines engeren Druckbandes, sprich eine Reduzierung der Druckschwankungen. Dies ist durch Einsatz einer übergeordneten Steuerung zu erreichen. „Darüber hinaus kann ich Phasen mit einer geringeren Auslastung identifizieren, in denen ich dann über eine Zeitschaltuhr den Druck absenke“, ergänzt Decker. Last but not least seien der Einsatz moderner Erzeugungs- und  Lufbereitungstechnik sowie eine Wärmerückgewinnung zu empfehlen, um Energie zu sparen.

 

Mit innovativer Technik und Serviceleistungen Energie sparen

Das Portfolio von Atlas Copco reicht von hocheffizienten drehzahlgeregelten Kompressoren und Trocknern über Systeme zur Energierückgewinnung und übergeordnete Steuerungen bis hin zum Rohrleitungssystem AirNet, das auf eloxierten Aluminiumkomponenten basiert. Der Anwender profitiert von einer schnellen und einfachen Installation, einem leckagefreien Betrieb sowie einem niedrigen Reibwert und entsprechend geringen Druckverlusten.

Darüber hinaus bietet Atlas Copco verschiedene Dienstleistungen an, mit denen ebenfalls an der Effizienzschraube Druckluft gedreht werden kann. „Mit dem sogenannten AirScan analysieren wir ein vorhandenes Druckluftsystem, identifizieren Schwachstellen und besondere Ereignisse, die energetisch kritisch sind“, beschreibt Karsten Decker eines der Instrumente. „Wir untersuchen, mit welchem Druck gefahren wird und welcher Druck an bestimmten Verbrauchern anliegt, wie viel Energie die Kompressoren ziehen und – ganz wichtig – welcher Volumenstrom in welchen Teilbereichen erforderlich ist, damit der Verbrauch auf die verschiedenen Kostenstellen aufgeteilt werden kann.“ Der AirScan wird häufig im Vorfeld der Auslegung von Neuanlagen genutzt, aber auch um mehr Informationen über ein vorhandenes Druckluftnetz zu erhalten. Außerdem hilft er, ein Energieaudit zu bestehen, indem die einzelnen Druckluftverbräuche sowie deren Entwicklung dokumentiert werden.

Ein weiteres Produkt zur Effizienzsteigerung ist der Service Smartlink Energy (Bild 2). Das internetbasierte Datenüberwachungsprogramm unterstützt den Anwender dabei, einen besseren Überblick über den individuellen Wartungsbedarf seiner Druckluftanlage zu erhalten, die Produktion verfügbar zu halten und den Energieverbrauch – und damit die Betriebskosten – so weit wie möglich zu senken.
 

„Smartlink Energy benachrichtigt den Anwender über den Zustand seiner Kompressoren sowie über Störungen“, erläutert Decker. „Auf Kundenwunsch analysieren wir auch die Maschinendaten und können Optimierungsmöglichkeiten aufzeigen. Beispielsweise, wenn eine Maschine plötzlich mehr Energie als gewöhnlich verbraucht, wenn die Auslastung eines Kompressors eine Wärmerückgewinnung empfiehlt oder wenn aufgrund der Anzahl der Leerlaufstunden eine übergeordnete Steuerung sinnvoll wäre.“

 

Smartlink Energy dokumentiert alle Messwerte

Ist bereits ein Energiemanagementsystem etabliert, können zudem die geforderte Visualisierung, Datenaufzeichnung und Dokumentation über Smartlink Energy erfolgen. „Das System erzeugt einen Bericht, der direkt im Energiemanagementsystem als Report nutzbar ist“, erklärt Decker. „Über die Lizenz für Smartlink Energy hat das Unternehmen Zugriff auf einen externen Server, auf dem die aufbereiteten Daten individuell abrufbar sind.“

Für Unternehmen, die ihre Daten nicht aus dem Haus geben möchten, stellt Atlas Copco das System Smart2LAN für eine lokale Datenspeicherung und Visualisierung auf dem Kundenserver zur Verfügung. „Hierbei können wir den Kunden natürlich nicht aktiv benachrichtigen“, gibt Karsten Decker zu bedenken. „Er ist in diesem Fall selbst in der  Pflicht, die Anlagendaten zu betrachten, auszuwerten und zu analysieren.“

Vom Start der Planung bis hin zur Inbetriebnahme der Druckluftanlage und zum anschließenden Service steht Atlas Copco seinen Kunden beratend zur Seite. „Nach einem Vorgespräch vor Ort beginnen wir mit der Analyse, das heißt mit dem AirScan“, beschreibt Karsten Decker den Ablauf. „Es folgen die Auswertung der ermittelten Daten und die Präsentation der Ergebnisse. Daraus leiten wir einen Maßnahmenplan ab und fixieren die Ziele.“ Der Kunde erhält Empfehlungen zur Modifikation der vorhandenen Technik und zu Neuanschaffungen. „Die Effizienz spielt dabei eine wichtige Rolle“, betont Decker, „aber die Betriebssicherheit muss immer noch an oberster Stelle stehen.“

 

Förderung für Einzelmaßnahmen und effiziente Gesamtsysteme

Wird die Effizienz der Produktion durch eine Neuanlage deutlich gesteigert, lohnt auch ein Blick auf mögliche Fördergelder. So hat die Bundesregierung einen Energieeffizienzfonds zur Förderung der rationellen und sparsamen Energieverwendung aufgelegt. Damit werden hocheffiziente Querschnittstechnologien über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gefördert. Das Programm, das zunächst kleinen und mittleren Unternehmen vorbehalten war, richtet sich seit seiner Aktualisierung im Mai 2016 nun an Gewerbe- und Industriebetriebe aller Größenklassen mit einer Betriebsstätte oder Niederlassung in Deutschland sowie an Energiedienstleister. Die neue Förderrichtlinie gilt bis Ende 2019.

Eine weitere Neuerung in der aktuellen Fassung ist die Förderung hocheffizienter Systeme. „Anfangs gab es nur eine Förderung für Einzelmaßnahmen. So wurden beispielsweise hocheffiziente Kompressoren gefördert, bei denen ein maximaler Energieverbrauch pro Kubikmeter Luft festgeschrieben ist“, erklärt Decker. „Außerdem gab es finanzielle Unterstützung für übergeordnete Steuerungen bei Stationen mit mehreren Kompressoren oder für Wärmerückgewinnungsmodule, wenn die Bedingungen erfüllt wurden.“

Seit 2016 sind nun auch Druckluftsysteme förderfähig. Dabei wird nicht auf die Effizienz der einzelnen Komponenten geschaut, sondern das Gesamtsystem betrachtet. Dieses muss nach der Modernisierung mindestens 25 % an Energie einsparen. „Hier können auch Kompressoren gefördert werden, die als Einzelmaßnahme nicht zulässig wären“, erläutert Decker. „Wenn in Verbindung mit einer übergeordneten Steuerung, einer Wärmerückgewinnung oder einem veränderten Rohrleitungssystem die 25 % erreicht werden, ist die Maßnahme förderfähig.“ Durch diese Änderung sei es nun beispielsweise möglich, ölfrei verdichtende Kompressoren von Atlas Copco als Bestandteil eines Gesamtsystems fördern zu lassen (Bild 3). Für eine Einzelförderung wären sie dagegen trotz ihrer hohen Energieeffizienz nicht zugelassen. Grund ist ihre spezielle Technologie, die nicht im Kriterienkatalog aufgeführt ist. 
 

Auch als Einzelmaßnahme förderfähig sind unter anderem die öleingespritzten drehzahlgeregelten Kompressoren aus den Reihen GA VSD und GA VSD+ sowie die Wärmerückgewinnungsmodule von Atlas Copco. Der Hersteller unterstützt seine Kunden sowohl bei der Konzeption eines förderfähigen Komplettsystems als auch bei den Vorbereitungen für eine Antragstellung. Denn vor einem Antrag auf Förderung eines neuen Druckluftsystems steht zunächst eine Bestandsaufnahme an, auf deren Basis ein Konzept zur Energieeinsparung oder Abwärmenutzung erstellt wird. Diese Ist-Analyse führt entweder ein externer Energieberater durch oder – wenn das Unternehmen bereits ein Energiemanagementsystem etabliert hat – der interne Energiebeauftragte. Für beide kann dies schwierig sein, wenn sie nicht über das nötige Know-how und/oder die nötigen Messmittel verfügen. „Deshalb stellen wir unsere Dienstleistung zur Verfügung und führen mit kalibrierten und zertifizierten Messmitteln und nachvollziehbaren Messkatalogen die Ist-Aufnahme durch“, erläutert Karsten Decker. „Um das Energieeinsparkonzept zu erstellen, muss bekannt sein, wie viel das aktuelle System verbraucht, denn nur so lassen sich die eingesparten 25 % nachweisen.“ Dieser Nachweis ist die nächste Voraussetzung für die Förderung. „Hier kann sich das Unternehmen zwischen der Vorlage der Gerätedaten oder einer Messung entscheiden, wobei letztere wesentlich aussagekräftiger ist“, weiß Decker. „Die meisten Kunden lassen daher den Verbrauch nachmessen. Oder sie haben permanente Messgeräte eingebaut, über die sie den Verbrauch selber mitschreiben und kontrollieren können.“

Stephanie Banse ist freie Journalistin in Hamburg

 

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