Druckgießen

Serienverfahren für hochkomplexe dünnwandige Leichtmetallgussteile

 

Nach dem Druckgießverfahren wer­den Gussteile aus Aluminium-, Mag­nesium- und Zink-Legierungen her­gestellt, die in großen Stückzahlen benötigt werden. Bei diesem Gießverfahren wird die Schmelze nicht direkt in den Form­hohlraum gegossen. Vielmehr wird die Schmelze zunächst in die Gieß­kammer einer Druckgießmaschine gefüllt und von dort mit einem Kolben über einen oder mehrere Kanäle (An­schnitte) in den Formhohlraum gepresst.

Gussteilentnahme mit Industrieroboter (Foto: BMW)

Dabei werden Drü­cke von 150 bis 1200 bar erzeugt, die zu Strömungsgeschwindigkeiten der Schmelze von 10 bis 150 m/s sowie zu sehr kurzen Formfüllzeiten von 50 bis 200 ms führen, was die Herstellung auch großflächiger Gussteile mit komplizierter Gestalt und geringen Wanddicken bis zu etwa 1 mm ermöglicht.

Die Druckgießformen sind wegen der hohen mechanischen Beanspru­chung Dauerformen aus hochwerti­gen warmfesten Stahlsorten. Die Hälften der Druckgießform sind auf einer „festen" und einer „beweg­lichen" Maschinenplatte der Druck­gießmaschine montiert. Für das Zu­sammenhalten der meist vertikal ge­teilten Druckgießform sind wegen des hohen Drucks beim Gießen Ver­riegelungen mit großen Zuhaltekräf­ten erforderlich. Um eine optimale Erstarrung und Abkühlung der Gussteile zu gewähr­leisten, sind Druckgießformen an be­stimmten Stellen gekühlt oder/und beheizt. Hohl­räume in den Gussteilen werden beim Druckgießverfahren in der Re­gel durch metallische Kerne abgeformt, die zu einem optimalen Zeitpunkt der Gussteilbildung gezogen werden.

Beim Druckgießverfahren können zwei Verfahrensvarianten unterschie­den werden: das Kaltkammer- und das Warmkammer-Druckgießverfahren. Der Verfahrensablauf beim Kaltkammer-Druckgießverfahren, das für die Herstellung von Aluminiumgussteilen eingesetzt wird, ist in Bild 1 dargestellt. Die Schmelze wird in die Gießkammer einge­füllt. Der hydraulisch bewegte Gieß­kolben in der Gießkammer drückt die Schmelze durch das Kanalsystem (Anschnitt) in den Hohlraum der ge­schlossenen Druckgießform. Nach dem Erstarren des Gussteils, was un­ter Druck stattfindet, wird die Druck­gießform hydraulisch geöffnet. Das Gussteil mit Anschnitt wird durch automatisch betätigte Auswerferstifte ausgestoßen oder von einem Robo­ter entnommen und einer Abgrate­presse zugeführt.

Bild 1: Prinzip des Kaltkammer- und Warmkammer-Druckgießens

Eine spezielle Verfahrensvariante ist das Vakuum-Druckgießverfahren, bei dem der Hohlraum der Druck­gießform vor den Gießen evakuiert wird. Eine besondere Ausführung da­von ist das Vacural-Verfahren, wo die Schmelze zudem durch Unterdruck über ein beheiztes Rohr aus dem Warmhalteofen in die Gießkammer gesaugt wird. Damit gelingt es, po­renfreie und damit schweißbare Druckgussteile aus Aluminiumlegie­rungen herzustellen. Ein Beispiel dafür stellen die gegossenen Knoten für das Spaceframe-Konzept für Automobil­karosserien dar, die mit Aluminiumblechen verschweißt werden.

Werden Magnesiumle­gierungen nach dem Kaltkammer-Druckgießverfahren verarbeitet, sind weitere Besonderheiten zu be­achten. Die Schmelze im Warmhalteofen muss mit einer Schutzgasatmo­sphäre geschützt werden, und der geringe Wärmeinhalt der Magnesiumlegierungen verlangt einen schnellen Prozessablauf.

Charakteristisch für das Warmkammer-Druckgießverfahren ist, dass sich die Gießkammer in ständigem Kontakt mit der Schmelze befindet (Bild 1). Über ein Ventil gelangt die Schmelze in die Gießkammer, von wo sie mit Hilfe eines Kolbens mit hoher Geschwindigkeit in die geschlossene Druckgießform gepresst wird. Der weitere Verfahrensablauf erfolgt analog dem Kaltkammer-Druckgießverfahren.

Bild 2: 12-Zylinder-Aluminium-Motorblock für den Maybach und die S-Klasse der Daimler AG (Foto: Honsel)

Das Warmkammer-Druckgießverfahren eignet sich besonders für die Herstellung von Gussteilen aus Zink-, Blei- und Zinnlegierungen. Für die Herstellung von Gussteilen aus Magnesiumlegierungen wurde das Dynacast-Verfahren entwickelt, das einen Hochgeschwindigkeits-Warmkammer-Druckgießprozess darstellt, bei dem die Druckgießmaschine die fünffache Geschwindigkeit einer traditionellen Maschine erreicht.

Bild 3: Integralträger für Mercedes-S-Klasse Coupe aus Aluminiumdruckguss (Foto: Daimler)

Das Druckgießverfahren wird heute einschließlich der notwendigen Peripherie in automatisierten Fertigungszellen unter Nutzung von Industrierobotern realisiert. Moderne Druckgießmaschinen werden automatisch mit Echtzeitregelung betrieben. Die mit dem Druckgießverfahren hergestellten Gussteile sind sehr maßgenau und erfordern kaum eine spangebende Nacharbeit. Damit liegt eine ausgezeichnete endkonturnahe Fertigung direkt aus der Schmelze vor. Zudem ermöglicht das Druckgießverfahren die Herstellung sehr dünnwandiger, aber komplex gestalteter Bauteile, was den Anforderungen vieler Konstruktionen nach weiteren Leichtbau ideal entspricht (Bilder 2 und 3).

Weiterführende Informationen: K. Herfurth, N. Ketscher und M. Köhler: Giessereitechnik kompakt – Werkstoffe, Verfahren, Anwendungen.  Giesserei-Verlag  GmbH, Düsseldorf 2003, veränderter Nachdruck 2005 (ISBN 3-87260-148-2)