Energiemanagement bei Siempelkamp
Von Sergej Rubzow Und Benedikt Szukala, Krefeld
Erschienen in GIESSEREI 10/2013
„Die Energie kann als Ursache für alle Veränderungen in der Welt angesehen werden“, wusste schon der Physiker und Philosoph Werner Heisenberg. Auch in der Siempelkamp-Welt spielt das Thema Energie eine zentrale Rolle. Und da hat sich einiges getan.
Energiebeschaffung war gestern, Energiemanagement ist heute – denn es gibt mehr denn je zu tun. Bei Siempelkamp befasst sich die Abteilung Energiemanagement mit einem breitgefächerten Spektrum, in dem Themen wie Energierecht und Energieeffizienz/-technik nicht fehlen. Von diesem Wissenspool profitieren nicht nur die Gießerei sowie die Nukleartechnik, sondern die gesamte Gruppe.
Die Unternehmen Siempelkamp Giesserei, Siempelkamp Giesserei Service und Siempelkamp Nukleartechnik sind seit April 2012 gemäß der internationalen Prüfungsnorm ISO 50001:2011 für ein qualifiziertes Energiemanagementsystem (EnMS) zertifiziert.
Mit der Einführung des EnMS wird der Energieverbrauch erfasst und systematisch analysiert. Das Ergebnis ist ein bewusster Umgang mit Energie: Kontinuierliche Verbesserungsprozesse führen zu einem optimierten und ressourcensparenden Energieverbrauch bei Siempelkamp. Mitarbeiterschulungen unterstützen diesen Prozess und fördern das Bewusstsein für einen sparsamen und effizienten Energieverbrauch.
Kernthema Energierecht: Potenzial zum Sparen
Gerade die Themenfelder rund um das Energierecht gehören zu den Kernthemen des Siempelkamp-Energiemanagements: Hier erschließt sich ein großes Einsparpotenzial, das größtenteils bereits in die Tat umgesetzt wurde (Bild 1). Die Optimierung der energierechtlichen Komponenten (z. B. Stromsteuer, EEG-Umlage, KWK-Umlage, u. a.) tragen einen großen Teil dazu bei, dass Siempelkamp seine Produktionsstätten gegenüber internationalen Wettbewerbern nach wie vor wirtschaftlich betreiben kann. Dementsprechend liegt ein Hauptaugenmerk auf den politischen Entwicklungen am Energiemarkt.
Die Politik hat viel dazu beigetragen, dass die Situation für Industriebetriebe immer komplexer geworden ist. An neuen Gesetzen und Verordnungen, wie das Erneuerbare Energie Gesetz (EEG), das Stromsteuergesetz, das Energiesteuergesetz oder das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz mangelt es in Deutschland nicht.
Die Konsequenz: Unternehmen sehen sich zunehmend mit energierechtlichen Themen konfrontiert. Die Politik greift immer mehr in den Energiemarkt ein, um zum einen die Industrie – insbesondere den Mittelstand – nicht zu stark durch ausufernde Kosten einem Wettbewerbsnachteil auszusetzen. Zum anderen sollen die Privathaushalte die Kosten der Energiewende nicht gänzlich alleine tragen.
Letztlich steht politisch eine europäische Lösung im Fokus – denn die massiven Veränderungen der deutschen Energielandschaft wirken sich auch auf die Nachbarländer aus. Auch das hält Industrieunternehmen auf Trab.
Initiative „Druckluft“: keine heiße Luft
Die Erfolge der Bereiche Energiebeschaffung und Energierecht sind zwar mit einem nicht zu unterschätzenden Aufwand verbunden. Sie können aber im Vergleich zu energietechnischen Einsparpotenzialen als sogenannte „low hanging fruits“ (niedrig hängende Früchte) bezeichnet werden – in diesen Bereichen sind Einsparungen oft mit einem geringen Aufwand realisierbar.
Ein Beispiel für kleine, aber weitgreifende organisatorische Änderungen ist das Thema Druckluft: Um undichte Stellen im Druckluftnetz aufzuspüren, entwickelte das Siempelkamp-Energiemanagement eine Tabelle, die es in sich hat. Mit ihrer Hilfe lassen sich Leckagen systematisch erfassen und Maßnahmen festlegen, um die Leckage zeitnah zu beheben. Diese kleine, aber feine Maßnahme sparte im vergangenen Jahr bereits einen hohen fünfstelligen Betrag ein.
Darüber hinaus arbeitet Siempelkamp auch im Bereich der Energieeffizienz/-technik kontinuierlich an Verbesserungen, z. B. an der Verringerung des spezifischen Energieeinsatzes pro Tonne Flüssigeisen, an der Nutzung der Kompressorenabwärme, an einem Leckage-Management im Bereich der Druckluftversorgung und an dem Bau von Eigenerzeugungsanlagen (Kraft-Wärme-Kopplungs- oder KWK-Anlagen).
Seit November 2012 deckt eine KWKAnlage (Blockheizkraftwerk) den Strombedarf des Siempelkamp Maschinen- und Anlagenbaus ab. Der Gasbedarf erhöht sich damit auf rund 55 000 000 kWh pro Jahr – und der externe Strombezug sinkt um ca. 10 000 000 kWh jährlich (Tabelle 1).
Tabelle 1: Veränderung des Energieverbrauchs bei Siempelkamp durch den Einsatz einer KWK-Anlage.
Stromverbrauch in kWh | Gasverbrauch in kWh | |
Ohne Kraft-Wärme-Kopplungsanlage | 72 000 000 – damit könnte man ca. 820 000 iPhones über 24. Std. und 365 Tage aufladen. | 32 000 000 – damit könnte man ca. 1400 Einfamilienhäuser à vier Personen ein Jahr lang versorgen |
Mit Kraft-Wärme-Kopplungsanlage | Ca. 62 000 000 | Ca. 55 000 000 |
Neben den Einsparungen durch organisatorische Änderungen sind viele Potenziale erst durch Investitionen in neue Anlagen realisierbar. Damit die Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahmen geprüft bzw. dargestellt werden kann, sind oftmals Informationen aus dem Energiemanagement gefragt (z. B. Energieverbrauch, Energiekosten, Auswirkung auf die Beschaffung). Hier schließt sich der Kreislauf aus Energiebeschaffung, Energierecht und Energieeffizienz/-technik!
Energie-Know-How: alles im Fluss
Von den Kenntnissen der Abteilung Energiemanagement profitieren nicht nur Gießerei und Nukleartechnik, sondern auch der Maschinen- und Anlagenbau und die Siempelkamp Krantechnik GmbH in Moormerland. Die Zentralisierung der Energiethemen hat einen Wissenspool geschaffen, der nicht nur den Unternehmen der Siempelkamp-Gruppe am Standort Krefeld zur Verfügung steht, sondern auch den Tochtergesellschaften in Deutschland.
Darüber hinaus beteiligt sich das Energiemanagementteam auch politisch via Verbandsarbeit, z. B. beim Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG), beim Verband der Energieabnehmer e.V. oder bei der Industrie- und Handelskammer.
Das Gesamtziel dieser Aktivitäten: ein ganzheitliches Energiemanagement, welches Siempelkamp einen effizienten und effektiven Einsatz von Energie ermöglicht – und Möglichkeiten eröffnet, nicht nur auf Entwicklungen zu reagieren, sondern bereits im Vorfeld zu agieren (Bild 2).
„Energie ist Ursache für alle Veränderung in der Welt“ – Werner Heisenberg hatte schon recht, denn ohne Energie wäre auch die Arbeit des Energiemanagements bei Siempelkamp gar nicht erst möglich gewesen.
Benedikt Szukala, Leiter Energiemanagement, und Sergej Rubzow, Energiemanager, Siempelkamp Giesserei GmbH, Krefeld